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Tipps & Tricks

Probleme im Gastro-Franchising: Was schiefgehen kann – und wie du es besser machst

DISH
Mai 2025

Tür eines Restaurants mit einem "Closed" Schild

Ein eigenes Gastro-Konzept zu skalieren, wirkt oft wie der nächste logische Schritt: mehr Sichtbarkeit, mehr Umsatz, mehr Standorte. Doch der Weg zum Franchise-System ist komplex – und ein erfolgreicher Einzelbetrieb noch lange kein Garant für skalierbaren Erfolg.

Dieser Artikel beleuchtet typische Herausforderungen, die beim Aufbau eines Franchise-Systems auftreten – anhand realer Beispiele wie Royal Donuts, Vapiano und Coffee Fellows. Ziel ist es nicht, Fehler anzuprangern, sondern praxisnah aufzuzeigen, was schieflaufen kann – und wie man es besser macht.

Weiterführende Informationen: Interessierst du dich für den Einstieg in ein Gastronomie-Franchise? Der Artikel “Franchise in der Gastronomie: Tipps & Trends” bietet wertvolle Hinweise zu Chancen, Herausforderungen und aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich.

 

Fallbeispiel Royal Donuts: Wenn Hype wichtiger ist als Struktur

Was als Social-Media-Hype begann, entwickelte sich rasant zu einem internationalen Franchise-Phänomen: Royal Donuts. Innerhalb von zwei Jahren wuchs das Unternehmen von einer einzigen Filiale in Köln zu einem globalen Netzwerk mit Läden in Paris, Dubai und quer durch Deutschland. Der Erfolg schien vorprogrammiert – doch hinter den bunten Donuts und Instagram-tauglichen Shops verbarg sich ein System, das dem eigenen Tempo nicht gewachsen war.

Zuviel, zu schnell: Wachstum ohne Fundament

Die Expansion von Royal Donuts erfolgte im Rekordtempo – und genau das wurde zum Verhängnis. Innerhalb kürzester Zeit eröffnete das Unternehmen hunderte Filialen. Doch mit dem schnellen Wachstum ging die Kontrolle verloren: Die Unternehmenszentrale war nicht in der Lage, die Qualität an allen Standorten sicherzustellen. Ein standardisiertes Schulungssystem, funktionierende Prozesse oder ein verlässlicher Support? Fehlanzeige.

Unklare Strukturen und mangelnde Unterstützung

Franchise-Nehmende bezahlten hohe Summen für den Einstieg (rund 40.000 Euro) sowie monatliche Gebühren zwischen 1.000 und 1.500 Euro – in der Hoffnung auf professionelle Unterstützung durch die Zentrale. Stattdessen berichteten viele von fehlender Hilfe, unklaren Ansprechpersonen und einer insgesamt unprofessionellen Betreuung. Gerade für Gastronomiebetriebe ohne Franchise-Erfahrung war das fatal.

Die Folgen: Schulden, Frust und Filialsterben

Was folgte, war ein Dominoeffekt: Über 250 Filialen wurden geschlossen, allein in Deutschland mehr als 150. Viele Beteiligte standen am Ende mit erheblichen Schulden da – und teilweise auch mit psychischen Belastungen. Der einst gefeierte Gründer Enes Seker zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück und konzentriert sich inzwischen auf neue Franchise-Pläne im Pizza-Bereich.

Lessons Learned: Schnell wachsen kann verlockend sein – doch ohne tragfähige Strukturen und echte Unterstützung für Franchise-Partnerinnen und -Partnern wird der Erfolg schnell zur Belastung. Qualität und Kommunikation sind entscheidend.

 

Fallbeispiel Vapiano: Wenn Innovation an der Realität scheitert

Frisches Pasta-Konzept, modernes Ambiente, offenes Küchensystem – Vapiano galt lange Zeit als eines der innovativsten Gastronomiekonzepte Europas. Doch hinter der Fassade brodelte es. Was ursprünglich als Erfolgsmodell gefeiert wurde, geriet durch eine Mischung aus operativen Fehlern und strategischen Fehlentscheidungen in eine tiefe Krise – bis hin zur Insolvenz im Jahr 2020.

Schnelles Wachstum ohne nachhaltige Planung

Ähnlich wie Royal Donuts setzte auch Vapiano auf aggressive Expansion. Weltweit wurden neue Lokale eröffnet – allerdings oft ohne sorgfältige Standortanalyse oder Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit. Die Folge: Unrentable Filialen, hohe Betriebskosten und eine überlastete Struktur, die nicht mehr in der Lage war, Qualität und Service aufrechtzuerhalten.

Konzept mit Lücken: Wenn der Ablauf nicht mitwächst

Die Grundidee – frisch gekochte Gerichte direkt vor den Augen der Gäste – kam gut an. Doch in der Praxis scheiterte das System oft an der Realität. Besonders zu Stoßzeiten führten lange Wartezeiten und unkoordinierte Abläufe zu Frust bei Gästen und Beschäftigten. Der Service wirkte überfordert, und das Versprechen von schneller Frische wurde nicht mehr eingelöst.

Interne Probleme und Imageverlust

Neben den operativen Herausforderungen kamen auch interne Missstände hinzu: Berichte über hygienische Mängel und Schwierigkeiten bei der Abrechnung der geleisteten Arbeitszeit sorgten für zusätzlichen Druck. Die Gäste blieben aus, der Aktienkurs stürzte ab – allein 2019 um rund 75 %. Schließlich meldete Vapiano im März 2020 Insolvenz an, verstärkt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Restrukturierung mit neuem Fokus

Doch Vapiano gab sich nicht geschlagen. Unter neuer Führung – mit CEO Alan Laughlin – wurde das Geschäftsmodell überarbeitet. Im Fokus: Digitalisierung, Effizienz und Franchise. Mithilfe von QR-Code-Bestellsystemen sollten Wartezeiten verkürzt und Abläufe optimiert werden. Die Strategie: weniger Eigenbetriebe, mehr Kooperation mit Franchise-Partnern und -Partnerinnen. Zusätzlich wurden unrentable Filialen geschlossen und das Filialnetz gezielt verschlankt.

Wichtig: Innovative Konzepte müssen im Alltag bestehen. Plane genug Ressourcen ein, um neue Systeme unter realen Bedingungen zu testen – bevor sie in die Fläche gehen.

 

Fallbeispiel Coffee Fellows: Zwischen Markenführung und Marktanpassung

Coffee Fellows gehört heute zu den bekanntesten Coffeeshop-Ketten in Deutschland – und das nicht ohne Grund. Das Franchise-System ist in den letzten Jahren stark gewachsen und betreibt mittlerweile über 230 Standorte in Europa. Doch auch hier war der Weg zum Erfolg alles andere als reibungslos. Die Expansion – besonders ins Ausland – brachte zahlreiche Herausforderungen mit sich, von der Qualitätskontrolle bis hin zur richtigen Standortwahl.

Schnelles Wachstum mit Nebenwirkungen

Der rasche Ausbau des Filialnetzes stellte das Unternehmen vor die klassische Herausforderung: Wie gelingt es, trotz zahlreicher Standorte die Marke einheitlich zu präsentieren und die Produktqualität überall auf gleichem Niveau zu halten? Mit zunehmender Größe steigt die Komplexität – insbesondere, wenn unterschiedliche Franchise-Partnerinnen und -Partner mit verschiedenen Hintergründen und Erwartungen ins System eingebunden werden.

Neue Märkte, neue Erwartungen

Ein besonderes Wagnis war der Eintritt in den US-amerikanischen Markt. Hier mussten nicht nur logistische Fragen geklärt werden – auch der Geschmack der Gäste unterscheidet sich deutlich vom europäischen Stil. Coffee Fellows reagierte darauf mit Anpassungen im Sortiment, ohne jedoch die eigene Markenidentität zu verlieren. Ein Spagat, der Fingerspitzengefühl erfordert: Lokale Anpassung ja, aber bitte ohne beliebig zu werden.

Partner-Management als Schlüssel

Mit dem Wachstum des Netzwerks wurde auch die Betreuung der Partnerbetriebe komplexer. Coffee Fellows begegnete dieser Herausforderung mit einem flexiblen Franchise-Modell: vom Einzel-Franchise über regionale Franchise-Vereinbarungen bis hin zu Pachtlösungen für Gründende mit weniger Startkapital. Ergänzt wurde dieses Modell durch ein umfangreiches Support-Paket – inklusive Schulungen, zentralem Marketing und persönlicher Betreuung durch Area Manager.

Systematisierung, Digitalisierung und Feedback

Zur besseren Steuerung der Abläufe setzt Coffee Fellows inzwischen auf digitale Tools wie moderne Kassensysteme und ein Intranet für Franchise-Partnerbetriebe. Auch die Qualitätskontrolle wurde professionalisiert – etwa durch standardisierte Rezepturen und regelmäßige Überprüfungen. Zusätzlich werden Umfragen zur Kundenzufriedenheit genutzt, um frühzeitig auf Kritik reagieren zu können und die Bindung zu den Gästen zu stärken.

Franchise-Erfolg international: Lokale Anpassung ja – aber ohne die eigene Markenidentität aufzugeben. Einheitliche Standards und flexible Module helfen, sich neuen Märkten anzupassen.

 

Was man aus diesen Fällen lernen kann – konkrete Tipps für die Praxis

Ob Royal Donuts, Vapiano oder Coffee Fellows – alle drei Beispiele zeigen auf unterschiedliche Weise, wo die Herausforderungen im Franchise-Geschäft liegen. Der entscheidende Unterschied: Während einige Franchise-Systeme an ihren Problemen gescheitert sind, haben andere daraus gelernt und nachjustiert. Für alle, die selbst ein Franchise-Modell aufbauen oder erweitern möchten, lassen sich daraus wertvolle Erkenntnisse ableiten.

  • ✅ 1. Strukturen vor Skalierung: Bevor das erste zusätzliche Restaurant eröffnet wird, sollte das Fundament stehen: ein erprobtes Konzept, klare Abläufe, einheitliche Standards. Wer erst im Wachstum anfängt, Prozesse zu entwickeln, verliert schnell die Kontrolle. Schulungen, Handbücher, Qualitätskontrollen – all das muss vorbereitet sein, bevor die Expansion beginnt.
  • ✅ 2. Ein Franchise lebt von engagierten Beteiligten: Ein erfolgreiches Franchise-System basiert auf echter Partnerschaft. Wer nur Verträge verkauft, ohne sich um den langfristigen Erfolg der Betriebe zu kümmern, riskiert nicht nur schlechte Zahlen, sondern auch Imageschäden. Regelmäßiger Austausch, transparente Kommunikation und echte Unterstützung machen den Unterschied.
  • ✅ 3. Digitalisierung sinnvoll nutzen – nicht als Selbstzweck: QR-Code-Bestellsysteme, digitale Kassenlösungen, Feedback-Plattformen: Digitale Technik kann helfen, Abläufe zu verbessern. Aber nur, wenn sie benutzerfreundlich ist und gut eingeführt wird. Schulung und Support sind hier genauso wichtig wie die Technologie selbst.
  • ✅ 4. Standortwahl mit System: Jede neue Filiale ist eine Investition – und ein Risiko. Bauchgefühl reicht nicht. Stattdessen sind eine fundierte Standortanalyse, realistische Umsatzprognosen und eine kritische Betrachtung des lokalen Wettbewerbs Pflichtaufgaben. Ein schöner Laden in schlechter Lage bleibt leer.
  • ✅ 5. Qualität ist nicht verhandelbar: Ob Donut oder Pasta – Gäste erwarten gleichbleibende Qualität. Standards müssen klar definiert und regelmäßig überprüft werden. Und: Es muss auch jemand geben, der sich darum kümmert. Ohne zentrale Qualitätskontrolle leidet das gesamte System.
  • ✅ 6. Flexibilität ist kein Widerspruch zur Marke: Gerade bei der internationalen Expansion oder in sehr unterschiedlichen Regionen kann es sinnvoll sein, das Sortiment leicht anzupassen – solange die Markenidentität erhalten bleibt. Wichtig ist, dass diese Entscheidungen bewusst getroffen und gemeinsam mit den Franchise-Partnern abgestimmt werden.
  • ✅ 7. Krisenmanagement mit Weitblick: Fehler passieren. Entscheidend ist, wie man damit umgeht. Transparente Kommunikation, schnelle Reaktion und ein klarer Plan zur Lösung stärken das Vertrauen – nicht nur bei Franchise-Partnern und -Partnerinnen, sondern auch bei Gästen und Mitarbeitenden.

Ein Franchise-System in der Gastronomie zu etablieren ist kein Selbstläufer. Die hier vorgestellten Beispiele machen deutlich: Wachstum ohne Plan, fehlende Strukturen oder mangelnde Kommunikation mit den Partnerbetrieben können ein ganzes Konzept ins Wanken bringen – unabhängig davon, wie beliebt die Produkte sind.

Aber sie zeigen auch: Fehler gehören dazu. Entscheidend ist, wie man mit ihnen umgeht. Wer bereit ist, Prozesse zu überdenken, Feedback ernst zu nehmen und die Bedürfnisse von Franchise-Nehmenden, Gästen und Mitarbeitenden in Einklang zu bringen, schafft ein belastbares System mit Zukunft.

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